Je größer man wird, desto mehr Zauber verliert die Welt in unseren Augen. Alles verliert seine Magie, weil wir wissen, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, weil wir den Blick auf kleine Alltagsschönheiten nicht mehr so schärfen, wie Kinder. Der Alltag nimmt uns ein und mit ihm wird das Kind in uns immer kleiner. Aber eins war für mich immer gesetzt: Dass meine Großeltern und Eltern immer da sind.

Da meine Mama recht jung Mutter wurde, hatte ich das Glück, lange Großeltern zu haben auch als ich schon groß war. Egal wie alt ich war, bei meinem Opa war ich immer sein Enkelkind. Er lernte meine Töchter kennen und wurde über 90 Jahre alt. Und auch wenn ich ihn in den letzten zwei Jahren nicht mehr so oft gesehen habe, so war er immer da. Und das war gesetzt.

Da ich in der Vergangenheit schreibe, ist klar, mein Opa ist nun im Himmel und ich habe keine Großeltern mehr. Und auch wenn ich immer mit diesem Anruf gerechnet habe und dachte, ich sei dann vorbereitet und dass es gut sei für meinen Opa, so fehlt er mir seit diesem Tag so sehr, dass mir die Worte fehlen. Dass es mich so viel Kraft kostet, nicht ständig zu weinen. Dass ich versuche nett zu bleiben vor meinen Kindern, obwohl es mir so schwer fällt und ich gereizt bin und nur meine Ruhe will.

Mir fehlen die Worte wenn ich vor meiner Mama stehe und doch hätte ich so viel zu sagen. Dass es mir sehr leid tut. Dass ich nur schöne Erinnerungen habe. An die Müritz zum Beispiel, wo wir jeden Sommer hingefahren sind. Dass ich noch weiß, wie die Wohnung aussah, in der er mit Oma wohnte. Dass er mir den Rücken kraulte morgens und genauso gern naschte wie ich. Dass wir später immer einen Birnen Geist tranken, wenn ich ihn besuchte und wir gemeinsam essen gingen.

Großeltern bewahren das Kind in uns so lange sie da sind und bescheren uns eine ganz besondere Unbeschwertheit. Selbst meine Große kann sich noch an meinen Opa erinnern. Dass bei ihm immer Süßes auf dem Tisch stand. Ja das stimmt. Und ich wünsche mir für meine Kinder, dass sie sich lange an ihre Großeltern erinnern. Dass es viele kleine Erinnerungen sind, die sie lange Kind sein lassen. Wie sie mit Opa abends die Wölfe vertreiben. Wie Oma die besten Schnittchen machen kann. Dass der Opa der Weltbeste Anschaukler ist und Oma die leckersten Kuchen backt. Dass sie immer ein wenig mehr Süßes naschen durften als zu Hause. Ein wenig länger aufbleiben und spannendere Abenteuer erlebten.

Natürlich müssen wir alle irgendwann gehen. Aber als Kind ist das keine Option. dass Großeltern oder Eltern nicht mehr da sind und ich bin sehr froh darum, dass durch meinen Opa lange ein Stück Kindheit bewahrt blieb, denn da wo er wohnte, fahre ich jetzt nicht mehr hin. Aber da hatte er seinen Garten. Da gingen wir durch die Stadt. Da machte meine Oma ihre leckeren Plinse, dort kam ich zur Welt, da ging meine Mama zur Schule.

Viele schöne Erinnerungen kommen seit seinem Tod wieder und ich schmunzle während die Tränen kullern. Ich bin auch froh, dass es meine Kinder nicht so sehr betrifft, es war schon letztes Jahr schwer genug für sie. Mit Kindern zu trauern ist noch mal speziell. Irgendwie will ich nicht die ganze Zeit traurig sein vor ihnen, denn sie sind es auch nicht immer. Und doch überraschen mich ihre Fragen oder Gedanken, die so aus dem Nichts kommen, immer. Aber meine Große ist davon überzeugt, dass wir uns die Mama aussuchen, die für uns perfekt ist und dann auf die Welt kommen und irgendwann wieder als Stern in den Himmel gehen. Das ist okay für sie, denn dann suchen wir uns eine neue Mama aus. Für sie ist das beruhigend und gesetzt. So ist es eben. Und wer weiß es schon. Da ist er wieder, dieser Zauber der Kindheit, der auch in unseren Eltern, aber vor allem unseren Großeltern weiter lebt.

Welch Glück für diejenigen, die Großeltern haben oder hatten und schöne Erinnerungen im Herzen tragen. Familie ist nicht immer leicht und manchmal fühle ich mich hilflos und wortleer. Aber oft hat Familie so einen Zauber in den kleinen Momenten, für die sich all der Streit, die Wut und Trauer immer wieder lohnt. Auch in der schwersten Zeit: Familie fetzt.

Teile diesen Beitrag:
Autor

Seit 2011 bin ich in die Welt der Mütter aufgenommen. Mittlerweile habe ich 3 Töchter und einen Sohn. Hier schreibt keine "typische" Mutter, die Haushalt und Familie mit links schmeißt, Modelmaße hat und nebenbei locker eine Karriere wuppt. Ich finde es okay, auch mal zu sagen "Ich bin müde! Der Mann nervt! Wir streiten öfter! Nein, ich backe, bastel und singe nicht 24 Stunden am Tag! Ja, ich mag Fast Food und ein Schnäpschen zwischendurch!" Aber auch die schönen Dinge kommen nicht zu kurz. Süße Sachen die ich im Netz finde, hilfreiche Tipps, anderes Lesenswerte und ganz viel ♥

17 Comments

  1. Melanie Steiner

    Ich fühle genau wie du!!! Gerade in den letzten zwei Wochen sind meine beiden Omas gestorben, die Opas sind bereits vor Jahren verstorben. Ich bin 39 und habe immer nich bei beiden Omas so sehr zu Hause und willkommen gefühlt und nun ist es alles weg!!! Diese Unbeschwertheit!!! Schrecklich :( und auch meine Jungs haben ihre Uromas verloren, eine Ära geht zu Ende. Nie wieder dorthin fahren zusammen, einfach traurig!!!! Danke dir für deine wunderbare Zusammenfassung ich hab es so sehr nachempfunden!!!

  2. Liebe Jette, einfach tolle Worte, vielen Dank. Meine Schwiegeroma ist letztens verstorben und ich konnte es immer noch nicht den Kindern sagen. Ein Bestattungshaus für die Beerdigung wurde auch schon gesucht. Irgendwelche Tipps, wie man es den Kindern mitteilen kann?

  3. Zangiff

    Wahre worte (ich bin ein gestandener Mann der an seine Oma und Opa denkt) vielen dank dafür.

  4. Lisbeth Maler

    Ich gebe dir absolut recht, dass Großeltern das Kind in uns so lange sie da sind bewahren und uns eine ganz besondere Unbeschwertheit bescheren. Bei der Bestattung meines Opas konnte ich nicht weinen, das habe ich erst getan, als ich allein war. Für mich war es auch besonders schwer, weil er mir sehr wichtig war und mich immer zum Lachen brachte.

  5. Tommy Duchna

    Danke, der Beitrag hat mich sehr berührt. Ich habe selbst meine Großeltern früh verloren. Mein Opa (väterlicherseits) war mein ein und alles, nach der Schule war ich immer bei ihm, bis meine Eltern von der Arbeit gekommen waren. Er starb Recht früh, ich war gerade 11 Jahre alt. Es hat mir das Herz gebrochen, selbst heute mit 38 Jahren… kommen diese Tage wo ich schwer daran zu knabbern habe. Ich konnte mich nicht verabschieden, konnte nichts tun. In diesem Moment war meine Kindheit vorbei 😔

  6. Pingback: Wenn Großeltern sterben: Ein Stück Kindheit im Himmel

  7. Hallo du Liebe! Von Herzen Danke für diesen Bericht. Ich fühle mich endlich verstanden. An Sylvester ist mein Opa gestorben. Der Uropa meiner Kinder. Sie hatten so ein herzliches Verhältnis. Die Kinder leiden bis heute darunter. Zumal meine Oma gerade umzieht und somit der Ort der Geborgenheit, den wir dort immer gefunden haben, auch noch mit meinem Opa verschwunden ist. Ich schreibe dies unter Tränen, da ich im Alltag als Mama immer stark sein muss und für Tränen sonst kein Raum ist. Du hast mir mit diesem Artikel etwas geschenkt, Verbundenheit! Die Gewissheit mit dem Schmerz in der Welt nicht alleine zu sein. Dafür danke ich Dir und wünsche Dir und deiner Familie viel Kraft

  8. Mamaeulenkind

    So ein toller Gedanke den deine Tochter da hat! 💚

  9. Darf ich fragen warum ihr euch in den letzten Jahren weniger gesehen habt? War er ein Pflegefall?

  10. Stineprinz

    Hallo liebe Jette,

    ich wünsche Dir ganz viel Kraft für die nächste Zeit. Ich denke auch, dass Kinder ein ganz feines Gespür für diese Stimmungen haben. Meine Tochter hat eine ähnliche Überzeugung, wie Deine Große und sie hat sie für sich ganz alleine gefunden: Ihre Ur-Oma passt im Himmel auf Kinder auf bis sie die richtigen Eltern gefunden haben, um dann geboren zu werden. Das ist in ihren Augen die Aufgabe der Verstorbenen im Himmel. Ich finde, dass das eine ganz bezaubernde Vorstellung ist, um dem Sterben die Endgültigkeit zu nehmen.

    Herzliche Grüße von Stine

  11. Meine Liebe,
    ich lese Deinen Beitrag und seh mich selbst darin, denn ich hab im März meine Oma verloren, sie wäre im Oktober 90 geworden. Auch ich hab sie in den letzten Jahren seltener gesehen, aber wie Du schreibst, sie war immer DA, eine Konstante in unserem Leben, und die fehlt ganz schrecklich, alle Feiern plötzlich ohne sie, der erste Weihnachtstag war ungeschriebenes Gesetz, der wurde bei ihr verbracht….nun nicht mehr. Und natürlich muss man in dem Alter immer mit allem rechnen, in der Woche, bevor sie starb, war ihr Lebenswille einfach erloschen, die Kraft zum Weiterleben weg. Ich hatte das Glück mich 2 Tage vorher von ihr verabschieden zu dürfen, das hilft mir sehr, aber der Schmerz ist einfsch da und der ist groß. Ich wünsche Euch ganz viel Kraft und Zeit zum Trauern.
    Liebe Grüße
    Barbara

  12. Hallo meine beste Oma ist im Februar gestorben. Ich habe sie mit meiner Mutti 3 Jahre täglich gepflegt und dann ist sie innerhalb 1 Woche im kkh gestorben. Ich kann es immer noch nicht fassen. Leider muss meine Mutti und vati nun aus ihrem schönen Haus ausziehen…wo meine Mutti 63 Jahre mit ihrer Mutti bzw. Meiner Oma gewöhnt hat. Das wird auch noch mal schlimm. Der letzte Sommer dort…wo ich auch 20 Jahre gelebt habe. LG Cindy

  13. Oh jetzt lieg ich hier mit Tränchen und schönen Gedanken an meine Omis. Schweres Herz. Schwer für dich. Alles Liebe und danke für diesen Herztext

  14. Auch ich musste vor einiger Zeit meine Omi gehen lassen. Ich kann mir keine Bilder anschauen ohne in Tränen aus zubrechen. Sie geben einen soviel mit auf den Weg.
    Jetzt kommt in den nächsten Monaten für meine Jungs und mich wieder eine schwere Zeit.. Mein Papa ist unheilbar an Krebs erkrankt ..6 bis 9 Monate sagen die Ärzte… mein Papa und der Opi wird irgentwann auch gehen..Noch weiss ich nicht wie ich damit umgehen soll…das Gedankenkarusell dreht seine Runden…das Herz schmerzt … die Jungs wissen das der Opa krank ist aber noch nicht das er deswegen irgentwann gehen wird . :-((

  15. Herzliches Beileid!
    Man ist nie auf so etwas vorbereitet. Meine Eltern haben mich spät bekommen, so habe ich leider nicht lange und viel was von meinen Großeltern Mütterlicherseits gehabt. Aber ich hab tolle Erinnerungen an meine Großeltern Väterlicherseits. Den Garten, die Urlaube, die beste GraupenSuppe der Welt. Leider sind sie auch schon sehr lange nicht mehr da.
    Meine Mama war auch immer krank seid ich denken kann aber als der Anruf kam das sie gestorben ist wAr trotzdem so überraschend und tat so weh. Damals war mein erstes Kind gerade 6 Monate alt und irgendwie war die Zeit zum Trauern nicht gegeben. Das ließ mich anerkannt nicht los! Vor vier Jahren machte ich eine Mutter Kind Kur, mein Mama wsr da schon 10 Jahre nicht mehr da und ich ging dort zu einer Trauerbegleitung, erst kam ich mir blöd vor da es ja schon lange her war, aber es war das beste was ich machen konnte, endlich alles aufarbeiten und vor allem verarbeiten.
    Lasse Deine Trauer zu, weine, schreie,wütend, mache das was du brauchst es ist so wichtig. Und Kinder verstehen das, sie haben tolle Antennen für sowas!
    Ich glaube auch wir suchen uns im Himmel die Menschenken aus die wir auf Erden treffen und mit denen wir unsere Erfahrungen machen wollen. Es gibt im Internet die „Geschichte vom Engel Abigail“ sie ist traurig aber ich glaube an sowas!
    Fühl Dich gedrückt und danke fürs teilen Deiner Gedanken❤

  16. ⭐ ein neuer Stern am Himmel, so sehen es unsere Kinder.
    Mein herzliches Beileid und lass die Tränen kullern, sie müssen einfach raus. Im März ist meine Weltbeste Oma auch gestorben und die Erinnerungen kann uns niemand mehr nehmen. ⭐

  17. Da kullern auch bei mir die Tränen.
    Ich kann dich so gut verstehen.
    Wir warten in diesen Tagen auch auf diesen einen Anruf. Diese Zeit schmerzt auch und trotzdem schmerzt es so unfassbar stark, wenn es dann soweit ist.
    Ich drück dich mal.

Deine Meinung. Deine E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert