So. Worüber wollen wir reden? Könnt ihr es noch hören, wie schwer mir der Alltag oft fällt? Ist es ein guter Austausch für euch, weil ihr euch nicht allein fühlt? Oder sammeln wir lieber lustige Anekdoten oder Rezepte? Ich versuche den Mix, aber bin ehrlich, was mich beschäftigt, ist der Corona Alltag.
Der zunehmende Frust der Kinder und die Ablehnung gegenüber den Arbeitsblättern und uns als „Lehrern“. Ich schlafe schlecht ein, habe wieder Angstschübe und denke wirklich über jeden kleinen Scheiss nach. Das frisst noch mehr Energie und ich versuche es tagsüber wegzulächen. Bleibt eh kaum Zeit für anderes.
Und dazwischen Raketi der sich kringelig lacht, weil er mit dem Strohhalm im Getränk lustige Geräusche beim rein pusten macht. Oder die blöden Witze mit meinen Freundinnen per WhatsApp die mich herrlich auflachen lassen. Und daneben die Einsamkeit und das Vermissen der Leichtigkeit, mit Freunden im Lokal zu sitzen, Urlaube zu planen, einfach unbeschwert zu sein und gleichzeitig der Wunsch nach Ruhe und einfach mal allein sein. Oder mal ein witziger Spruch auf den Lippen über das gewünschte Glas Sekt in der Hand. Bitte nicht. Neuste Kritik: diese Sprüche verharmlosen den Alkoholkonsum und zur Entspannung Alkohol trinken kann in alkoholmissbrauch enden. Alles richtig. Aber, Mensch ich bin es ein bisschen leid. So viel Tanz auf rohen Eiern in den sozialen Medien.
Es ist von allem zu viel. Oder zu wenig. War es im ersten Lockdown noch kraftvoller mit der Hoffnung und vor allem mit dem Ungewissen, weiß ich ja nun was mich zu Hause erwartet im Home Office. Die Stimmung ist auch eher unfluffig draußen geworden. Der Unmut nimmt zu, die Toleranz ab.
Also, wie geht es euch? Worüber wollen wir reden?
10 Comments
Oh ganz lieben Dank! Die Haarfarbe ist Natur. Nix gefärbt oder so 😊
Off-topic: grandioser Haarschnitt und Haarfarbe! Sieht richtig gut aus. Kompliment! Viele Grüße, Jessica
Hallo Jette, Du bist nicht allein. Ich hab hier gerade ein „versetzungsgefährdetes“ Kind, weil a) Noten ja ganz wichtig sind und b) „Wieso Unterrichtsausfall? Es gab doch die ganze Zeit homeschooling.“ Äh, klar. Lief zehn Monate super. Die Kinder sind voll im Stoff. Gymnasium, 9. Klasse.
Aber nützt alles nichts. Man kann jammern, man kann saufen. Pandemie bleibt.
Im Deutschlandfunk gab es einen interessanten Beitrag über „Resilienz in der Coronakrise“. Der drückt es besser aus, als ich es könnte: https://www.deutschlandfunk.de/resilienz-in-der-coronakrise-psychiater-laengerfristig.694.de.html?dram:article_id=490976&utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
Denn klar, es ist scheiße. Aber es ist so. Und je mehr man darüber nachdenkt, wie doof alles ist und wie gerne man sein „altes“ Leben wieder hätte – es wird erst mal nicht passieren.
Zum Glück gibts in Berlin jetzt erst mal Ferien.
Wir haben diese Woche die Reißleine gezogen und das Kind in die Notbetreuung gegeben. Das war laut unserer Notbetreuungsrichtlinien möglich. (Abstruser Weise decken die sich mit den Grundbedingungen, um überhaupt einen Kita-Platz zu bekommen. Zwei Eltern, die arbeiten müssen. Verrückt. Also hat fast jedes Kita-Kind bei uns einen Platz auf Notbetreuung, außer vielleicht die, bei denen ein Elternteil grade in Elternzeit ist.)
Der Mann muss ins Büro, alleine daheim kann ich nicht gleichzeitig arbeiten und meinen 4,5-jährigen Wildfang sinnvoll beschäftigen. Und 6 Stunden am Tag vorm Bildschirm, ohne Spielkameraden, ohne raus kommen geht halt auch nicht.
Und dennoch bin ich ständig hin und her gerissen, ob es jetzt die richtige Entscheidung war. Ob ich ihn oder seine Erzieher damit unnötig gefährde. An jeder anderen Front tue ich, was ich kann, um die Pandemie einzudämmen. Ich trage überall meine Maske, ich arbeite zu 98% im HO, wir beschränken Treffen auf ein Minimum… nur eben da kann ich nicht mehr.
Und ich finde die meisten Maßnahmen ja auch richtig. Aber dieses ewige „jetzt noch mal zwei Wochen, jetzt noch mal 4, ach, doch noch zwei oben drauf, zermürbt mich dermaßen…“
Ich wäre dafür, ein mal 2-3 Wochen alles radikal zu zu machen. Wo es geht, die Bänder still stehen lassen. Alle bei denen es geht, verpflichtend ins Homeoffice, oder eben 2 Wochen Urlaub. Keine Ausreden. Kita und Betreuung wirklich nur für die Eltern, ohne die es gar nicht geht. Pflegepersonal. Supermarkt. Apotheken. Wie im allerersten Lockdown. Und am besten kein Homeschooling, um da auch den Druck rauszunehmen.
Klingt das irgendwie scheiße? Ja. Aber mit der Garantie, dass man hinterher die Schulen und Kitas wieder normal aufmacht und die verdammte Infektionsrate eben wieder besser im Griff ist, klingt es allemal besser als uns jetzt noch 2 Monate oder länger von Verlängerung zu Verlängerung durchzuhangeln.
Solidarität fände ich ein super Thema. Davon gibt es mir aktuell viel zu wenig. Im Frühjahr hab ich so oft gedacht: „wie schön, alle halten so zusammen…“
….das denk ich jetzt nicht mehr. Ich empfinde es gerade eher so, dass jeder nur an sich denkt und für sich das beste raus holen will, ohne Rücksicht auf Verluste. Aber so werden wir da nie raus kommen.
Ich bin auch dünnhäutig und genervt, natürlich, wer denn nicht. Aber es wird noch dauern, bis es wieder einigermaßen Normalität gibt. Wir müssen da noch lange durch. Und ich glaube das geht nur, wenn man solidarisch ist. Wenn die, die mehr schultern können, es auch tun. Dazu gehört auch, weniger zu meckern über den ganzen Scheiß der Politiker. Das heißt nicht, dass man nicht sagen darf, wenn es einem alles zu viel ist. Es IST zu viel alles. Aber je mehr man über Dinge meckert, die man ja nicht beeinflussen kann, desto tiefer sinkt die Grundstimmung.
Aber ich kann gerade glaub ich nicht richtig auf den Punkt bringen was ich meine. Solidarisch die Zeit durchstehen, das wäre mir ein Anliegen. Mit sehr viel Gin Tonic und Chips frisch ungarisch, anders wohl kaum möglich.
Wirklich herzliche Grüße aus dem Ruhrgebiet…
Tja, worüber? Wie wäre es, wenn wir mal damit anfangen, dass es total in Ordnung ist und überhaupt nichts mit Jammern und Selbstmitleid zu tun hat, wenn man einfach ehrlich sagt, dass es sch…. ist und dass es nervt und dass es unglaublich viel Energie kostet! Denn ja, meine Kinder vermissen die Schule, ihre Freunde, den Sportverein und vor allem ihr bekanntes und gewohntes Leben. Vermutlich mehr als ich. Und ich fange das auf und ich lächle jeden Tag für sie und unterrichte, arbeite und koche und bin der Animateur und dann kann ich auch abends ein Glas mehr trinken als zu normalen Zeiten, ohne dass ich befürchte in der Alkoholsucht zu enden! Und nein, das ändert überhaupt nichts daran, dass ich mich zu jedem Zeitpunkt wieder entscheiden würde Kinder zu bekommen. Aber jeder von uns hat das Recht zu sagen, dass es anstrengender ist als sonst, ohne dafür kritisiert zu werden!
Liebe Grüße und vielen Dank für so viele ehrliche Beiträge 🙂
Same here. Die Tage kommen und gehen und alles ist grau, die Kinder haben keinen Bock mehr und mir fällt es auch schwer, zum hundertsten Mal vorzubeten, warum wir zB Schularbeiten machen müssen. Noch dazu hat sich in meinem näheren Bekanntenkreis eine Corona-Schwurblerin geoutet und macht mich damit fertig, warum ich denn nicht einfach mal „die Augen auf mache!“. Die hat mir grad noch gefehlt zu meinem Glück. Nicht.
Mir fehlt auch das Planen schöner Ereignisse. Irgendwas, worauf man sich mal wieder freuen kann. Außerhalb der eigenen vier Wände. :) Deshalb darf es für mich bei dir gern etwas aufmunterndes, lebensbejahendes oder sonst irgendwie aufbauendes sein. Einen Einblick, wie du es schaffst, die Nerven nicht zu verlieren zB ;)
Liebste Grüße
Annett
Hallo liebe Jette! Erst mal danke für deine, wie immer, ehrlichen Worten und Prost!
Ansonsten gehts ganz gut soweit, wir alle kämpfen uns durch den Tag, aber wir sind gesund. Klingt abgedroschen, ist aber wirklich wichtig.
Lass uns mal über die Eltern reden, die beide systemrelevant (ich hasse dieses Wort) sind. Das Kind jeden Tag in die Notbetreuung muß! Wie oft höre ich, dass wir beneidet werden und wie oft sage ich, dass ich auch gerne mal tauschen möchte. Denn die Medaille hat immer zwei Seiten. Ich gebe mein Kind nicht mit ruhigen Gewissen in eine fast leere Gruppe und übrigens sind die paar Kinder die dort sind auch „gefährdeter“, denn wir alle setzen uns jeden Tag einem Risiko aus und küssen trotzdem abends unsere Kinder. Ich kann meinen Job nun mal nicht zu Hause machen, es sei denn meine Patienten kommen zu mir 😂 ich liebe meinen Job und mit vollem Herzen Physiotherapeutin, aber aktuell ist es auch sehr schwer sich zwischen Arbeit, Notbetreuung, Isolation zu zerreißen.
Mach weiter so und bleib so wie du bist. Lass es krachen und macht mal wieder ne Musikparty in der Küche. 😉
Liebe Jette,
wie wäre es mit einer kleinen Sammlung von Dingen, die man gerne mal einem Politiker sagen oder ihn fragen würde?
Ich wüsste zum Beispiel gerne, warum die Schulen so unbedingt geschloßen sein sollen wenn doch der Spitzensport und die Gottesdienste weiter gehen wie bisher obwohl bei ersterem dauernd neue Corona-Fälle bekannt werden und bei letzterem hauptsächlich Risikopatienten aufeinander treffen.
Warum werden die Kindergärten in einigen Bundesländern geschloßen und in anderen nicht? Ist das nicht eine Form der Diskriminierung?
Warum haben die Kultusminister den letzten Sommer und Herbst nicht genutzt, um die Digitalisierung der Schulen voran zu bringen?
In ein paar Wochen sind bei uns Wahlen und ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wem von diesen unfähigen Personen ich meine Stimme geben soll.
Ich bin mir nicht sicher, ob du so etwas auf deinem Blog machen möchtest aber es wäre wenigstens mal ein bisschen was anderes als unsere alltäglichen Hauptprobleme. So, und jetzt mach ich mich mal wieder an die Planung unseres nächsten Homeoffice/Homeschooling/Betreuungstages. Morgen dürfen wir tatsächlich mal das Dorf verlassen. Der Augenarzt erwartet uns mit hoffentlich guten Nachrichten. Ob mein Auto wohl anspringt nach der ewigen Pause?
Liebe Grüße an alle da draußen, die gerade keine Ahnung haben, wie sie ihre Tage überstehen und abends „Anzeichen für Burnout“ googeln. Wir schaffen das! Irgendwann muss es wieder besser werden.
Gute Frage ….ich mag deinen Mix aus allem,was dich beschäftigt/bewegt und finde mich oft darin wieder.
Also danke dafür – und mach einfach weiter dein Ding. Authentisch und lebensnah. :-*