Es ist ohnehin schon schwer, die Welt in ihrer Schönheit und Verrücktheit in Worte zu fassen. Noch schwerer ist es, sie den Kindern zu erklären. Vor allem wenn sie Nachrichten aufschnappen oder in der Schule über aktuelle Geschehen sprechen.

Auf Grund der anstehenden Wahlen sehen die beiden Großen sehr deutlich, was Demokratie bedeutet und haben viele Fragen. Auch merken sie, dass uns viele Themen sehr beschäftigen, sie hören vom Hochwasser, sehen die Brände im Fernsehen und schnappen eventuell andere für sie bedrohliche Wortfetzen auf.

Wie soll man seinen Kindern die Welt erklären, wenn einem selbst die Worte fehlen? Wenn die Last der Themen so schwer auf dem Herzen liegt, wenn die Sorge so groß ist, dass sie all das Schöne verdrängt. Dann bleibt nur, kurz inne zu halten, tief ein und auszuatmen und die Welt einen Augenblick anzuhalten. Zu überlegen, was kann ich kindgerecht erklären? Was erzähle ich nicht? Und wo höre ich einfach zu?

Ich halte an der Kinderwelt fest

Von uns aus erzählen wir den Kindern nichts. Sie haben ohnehin viele Fragen, außer die Jüngste. Und das ist okay. Ich werde ihr nicht erzählen, was gerade in Kabul passiert, warum das Klima verrückt spielt und wer gegen wen Krieg führt. Ich halte an ihrer Welt fest, glaube an Einhörner, den Weihnachtsmann und lasse sie durch den Tag träumen, denn das ist unser Glück. Sie wächst behütet auf, sie ist bei uns sicher.

Wie soll man seinen Kindern die Welt erklären, wenn einem selbst die Worte fehlen?

Die beiden Großen sehen Wahlplakate und fragen uns aus. Ich versuche so einfach wie es geht zu erklären, dass wir in einer Demokratie leben. Dass wir wählen dürfen, was in anderen Ländern nicht möglich ist und wenn doch, sehr gefährlich oder die Wahl manipuliert. Ich versuche kindgerechte Beispiele zu finden und ein wenig zu erklären, welche Parteien sich für welche Themen einsetzen. Ich warte ab, was sie wissen wollen. Und ich wähle meine Worte mit Bedacht, denn sie haben Angst. Sie fragen, ob auch unser Haus von einer Flut weggerissen wird, ob auch wir einen Krieg erleben, wer denn nun gut oder böse sei bei den Wahlen, ob wir an Corona erkranken und sterben müssen.

Ich möchte diese Sorgen von ihnen fern halten. Wir schauen die Tagesthemen abends nicht zusammen. Lediglich die Kindernachrichten möchten sie hin und wieder sehen und dann sind wir natürlich dabei. Aber ich merke, wie lange es sie beschäftigt, wie es auf sie wirkt und die Unbeschwertheit ein stückweit nimmt. Daher halte ich die Welt von ihnen fern. Es ist zu komplex und sie müssen es noch nicht verstehen, oder ihre Last tragen. Sie dürfen einfach Kind sein und sich sorgen, ob ich das richtige Eis gekauft habe oder ob die Hausaufgaben richtig sind.

Wir haben Glück

Wir haben das große Glück sicher zu leben. Wir haben das große Privileg, uns impfen lassen zu können gegen Corona und andere Seuchen, oder es nicht zu tun. Wir können einfach zum Arzt gehen und unsere Töchter genießen eine Schulbildung. Wir versuchen, sie weltoffen zu erziehen und ihnen zu erklären, was es immer noch heißt, ein Mädchen zu sein, denn mit solchen Vorurteilen und „dummen Sprüchen“ sind sie bereits konfrontiert. Alles weitere schirmen wir nicht ab, aber thematisieren es nur wenn es sie beschäftigt, weil es Thema in der Schule oder in den Kinder Nachrichten ist. Und wenn ich nicht weiter weiß, dann hilft google, Kindergerechte Erklärbärvideos oder ein ehrliches: ich verstehe es auch nicht.

Meine Kinder sind noch klein, die Älteste ist 10. Ihre Welt ist noch friedlich und klein. Sie dreht sich vor allem um uns und ihre Freunde. Und leider zu sehr um Corona. Doch auch das verliert seine Bedrohlichkeit, weil Masken, Tests und Impfen normal geworden sind. Sie sind sicher und wir bemühen uns, ihre Sorgen aufzufangen, wenn sie Fragen haben. Mehr können wir nicht tun. Mehr hält ein kleines Herz nicht aus. Auch das ist ein großes Glück. Dass wir es nur erzählen „müssen“.

Ihr merkt, es fällt mir schwer, richtige Worte zu finden für eine Welt die so unbeschreiblich ist. So groß und kompliziert. So traurig, verheerend, aber auch so schön im Kleinen und auch im Großen. Wir können nicht alle Probleme der Welt auf uns nehmen und uns dafür verantwortlich fühlen. Diesen Schmerz kann keiner ertragen, erst recht nicht unsere Kinder. Wir können nur mit unseren Möglichkeiten versuchen, eine etwas bessere Welt zu erschaffen, in dem wir wählen gehen, in dem wir uns informieren, Nachrichten schauen, uns austauschen, offen sind für unangenehme Themen, für Neues. Und wir müssen dies an uns unsere Kinder weiter geben in kleinen Dosen, die sie schaffen. Und dann träumen wir wieder gemeinsam von Einhörnern und Feen und fragen uns, was der Weihnachtsmann wohl im Sommer macht.

Wie erklärt ihr euren Kindern die Welt? Haltet ihr alles fern? Wartet ihr ab, was eure Kinder wissen wollen oder nehmt ihr sie tagesaktuell zu allen Themen „mit“?

Elternsein_Erziehung_Welt erklaeren

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Autor

Seit 2011 bin ich in die Welt der Mütter aufgenommen. Mittlerweile habe ich 3 Töchter und einen Sohn. Hier schreibt keine "typische" Mutter, die Haushalt und Familie mit links schmeißt, Modelmaße hat und nebenbei locker eine Karriere wuppt. Ich finde es okay, auch mal zu sagen "Ich bin müde! Der Mann nervt! Wir streiten öfter! Nein, ich backe, bastel und singe nicht 24 Stunden am Tag! Ja, ich mag Fast Food und ein Schnäpschen zwischendurch!" Aber auch die schönen Dinge kommen nicht zu kurz. Süße Sachen die ich im Netz finde, hilfreiche Tipps, anderes Lesenswerte und ganz viel ♥

3 Comments

  1. Ich lese das jetzt erst und finde, dass Du das sehr schön beschreibst und erklärst, wie Du es machst und machen möchtest. Ich finde auch, dass man Kinder in dem Alter (unter 10) nicht mit dem politischen Weltgeschehen konfrontieren muss, wenn es sie selber gar nicht interessiert. Oder wenn man weiß (weil man sie kennt!), dass es sie ängstigt und nicht schlafen lässt.
    Mein Sohn wollte sehr früh sehr sehr viel wissen über Politik. Das war oft unheimlich schwer. Nicht so sehr bei Wahlen, denn das macht ja erst mal keine Angst. Aber bei Kriegen, Katastrophen etc.
    Wir haben sehr viel Filme auf youtube gefunden, die historische Ereignisse erklären. Die hab ich mir aber auch oft vorher alleine angesehen. Und viel viel haben wir selber erklärt. Und wir hören Radio, Deutschlandfunk, da bekommt man automatisch Dinge mit. Ich selber war ein irre ängstliches Kind und hätte nicht mal Nachrichten verkraftet. Unseres ist da deutlich härter im Nehmen. Er hat sich nie wirklich für Kindersachen interessiert, seit er so 9, 10 Jahre ist. Es nützte nichts, das Thema zu wechseln. Er wollte nicht Playmobil spielen, sondern wissen, was denn mit Donald Trump ist. Wo die Flüchtlinge alle her kamen 2015. Was die AfD will und und und. Mittlerweile ist er 15 und eignet sich das alles selber an. Ich bin froh, dass wir ihm eine Grundlage schaffen konnten.
    Aber sicher hätte ich nicht mit ihm als Sechsjährigem Nachrichten zu Afghanistan oder der Flutkatastrophe geschaut.

  2. Wir halten es ähnlich wie ihr.
    Die ständig verfügbaren Informationen sind beinahe Fluch und Segen zugleich: so gut es ist, als Erwachsener viel mitzubekommen, bedeutet es aber auch: nur, weil so viele Infos aktuell da sind, muss ich sie nicht mit meine Kindern teilen. Zumal sie sich viel schlechter abgrenzen und vor Überforderung schützen können. Vieles kann ich ja nicht mal selbst einordnen. Beim Einfühlen und Ermessen dessen, was das alles bedeutet, kommen mir die Tränen, die ich meine Kindern nur schwer erklären kann – also bespreche ich das mit meinem Mann und vermeide die TV-Nachrichten.
    Fragen kommen und werden besprochen, immer mit dem Versuch, Hoffnung und Stabilität zu vermitteln. Wir versuchen, unseren Alltag und die damit verbundenen „Sorgen“ zu fokussieren – ein großes Privileg, für das ich gerade so dankbar bin.

  3. Hallo Jette, meine Kinder sind schon älter (13,11) wir erzählen kaum zum aktuellen Geschehen. Das Hochwasser beängstigend sie nicht sie sagen sich wir hier in Berlin sind ja davor sicher. Wir gucken auch nicht regelmäßig Tagesschau. Aber sie bekommen trotzdem mit, dass es dort brennt haben aber keine Angst. Das Thema Afghanistan haben sie auch nur durch Zufall mitbekommen weil wir die Tagesschau angeschaltet hatten weil ich dachte es kommt ein Bericht zur Höllentalklamm wo Menschen vermisst sind wegen einer Brücke die durch Wassermassen mitgerissen wurde. Diese Thema hatte ich den Kindern bewusst erzählt, da wir gerade erst dort in der Nähe waren und sie davor schützen möchte später als Erwachsene solche Fehlentscheidungen bei angekündigten schlecht Wetter zu treffen. Nun kamen aber auch für mich völlig unerwartete Bilder von Kabul wo die Menschen sich an das Flugzeug hängten. Afghanistan war ihnen seit dem Kindergarten ein Begriff weil es dort 2 Kinder von dort gab. So haben wir Montag ausführlich über Afghanistan gesprochen.

    Ansonsten habe ich die Kinder ja jetzt schon eher Teenager nie was erzählt was so schlimmes auf der Welt los ist auch Corona bis kurz vor Schulschließung verheimlicht. Ich will nicht, dass sie sich Sorgen müssen und ihnen keine Angst machen.

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