So langsam sollte ich mich wohl verabschieden aus meinen Dreißigern. Lang ist’s nicht mehr hin bis zu meinem Geburtstag und es ist der erste, auf den ich mich nicht ausschließlich freue.
Ja es ist nur eine Zahl, ja das tut nicht weh, aber ich kämpfe damit. 40 klingt und klang früher für mich immer richtig alt. Ich würde auch nicht sagen, dass ich in der Verfassung meines Lebens bin und alles einfach Bombe ist. Was wiederum nicht heißt, dass ich nicht dankbar bin für alles was mir in den letzten Jahren widerfahren ist. Naja ok, auf einiges hätte ich wirklich verzichten können. Und ich wäre gern noch mal Mitte 20.
Stimmt wirklich. Ich fand die Zeit grandios. Studium und Party. Aus mehr bestand diese Zeit nicht. All das mit Freunden und so viel Leichtigkeit und Unbeschwertheit, das ist schon der Wahnsinn. Manchmal vielleicht ein wenig zu leicht und unbeschwert, aber das ist ja das Schöne an dem Alter, man macht sich so wenig Sorgen und Gedanken. Und man ist nur für sich verantwortlich, kann tun und lassen was man will. Ja das vermisse ich schon. Diese ständige Verantwortung für vier kleine Menschen, dieser Alltag mit lauter Erwachsenem Kram. Jede Zeit hat ihre Einzigartigkeiten, das stimmt, aber diese Zeit war schon besonders. So zwischen den Welten: Verantwortung ja aber nicht so viel. Viel Freiheit und durchtanzte Nächte.
Die Verantwortung jetzt empfinde ich zum Teil als anstrengend, den Alltag auch und ganz ehrlich, Steuererklärungen sind kacke. Muss man ja mal so sagen.
Natürlich bereue ich die Entscheidung für unsere Familie nicht. Ich kann das eine vermissen und das andere trotzdem genießen und sehr wertschätzen. Wir sind alle gesund. Wir haben schlimme Zeiten durch, die sich so tief in mein Herz eingebrannt haben, dass ich von dem Schmerz immer noch überrascht werde. Natürlich würde ich darauf lieber verzichten und naja, ob ich daran gewachsen bin? Ich musste wohl. Aber es wäre wohl naiv zu denken, dass alles einfach nur fluffig läuft. Das wiederum denkt man ja in den Zwanzigern. Ohne Kinder und Verantwortung.
Mit nun eigentlich gleich 40 Jahren, hoffe ich, dass mir mindestens noch mal so viel Zeit hier vergönnt ist. Merke ich ehrlich, dass es mir schwer fällt darüber nachzudenken, alt zu werden, die Hälfte auf der Erde eventuell schon hinter mir zu haben. Ich möchte gern alt werden und auch mit guter Lebensqualität so lange wie möglich und dann vielleicht einfach an der Ostsee umkippen. 40 ist schon eine Nummer für mich, das ist klar. Dabei geht uns finanziell wirklich gut. Stolpersteine im Job gab es in den letzten zwei Jahren genug, auch so, dass sie zu Sorgen heran wuchsen, aber jetzt gerade ist alles gut und ich weiß dieses Privileg sehr zu schätzen. Auch wenn es uns nicht zugeflogen ist. Komisch, man muss immer alles gleich rechtfertigen, oder?
Jedenfalls ich versuche es zu halten wie Anna einmal sagte: Es ist ein Privileg älter zu werden. Und so versuche ich das anzunehmen und als Geschenk zu sehen. Ich versuche nicht vollends im Alltag zu versinken, sondern immer wieder inne zu halten, meinen Kindern beim Tanzen zuzusehen, den Tisch für uns alle im Restaurant zu buchen und einfach zu genießen. In den Urlaub zu fahren und es aufzusaugen, das Leben, die Freude und uns.
Und wenn ich dann so darüber nachdenke, dann bin ich doch reich beschenkt und auch wenn Corona sehr tiefe Spuren hinterlassen hat, so kann ich sagen: Die ersten 40 Jahre waren ganz schön cool. Ein paar Dinge hätten nicht passieren müssen, aber so ist es eben das Leben. Und es ist ein Schönes. Das kann ich so frei heraus sagen: Ich habe ein schönes Leben hier im Reihenhaus mit vier Kindern, dem Mann und einem Hund. Mit Familie und Freunden die mich schon so viele Jahre begleiten. Und obwohl wir uns alle zu selten sehen, ist das Band was uns verbindet so stark wie eh und je. Und dann ist es doch ok, in ein neues Jahrzehnt zu feiern.
Denn, ich fühle mich noch nicht alt. Das ist doch was.
3 Comments
Liebe Jette,
vorab schon einmal: Alles Gute zum neuen Lebensjahr!
Das Ereignis „40. Geburtstag“ liegt in einer Woche schon 10 Jahre hinter mir.
Und teilweise fühlte es sich damals ähnlich an wie bei dir: ereignisreiche, turbulente 30er mit Kennenlernen, Hochzeit, Kinderwunschbehandlung, Tochter, Hausbau, weiterer unerfüllter Kinderwunsch und „nebenher“ noch das Berufsleben als Lehrerin stemmen. Total eingespannt, oft an der Grenze (auch ohne Corona)…….
Nun sind wieder 10 Jahre vergangen und ich weiß gar nicht so wirklich, wo sie geblieben sind.
Das Positive als Ansporn: Unsere Tochter ist 16 und recht selbstständig. Das brachte mit sich, dass ich beruflich an meiner Schule wirklich mittlerweile einen Stand habe und eine Wertschätzung erfahre, so dass ich mich dort wirklich wohl fühle. Ich muss mich nicht ständig verrenken, um alles zu schaffen (obwohl ich NICHT alles schaffe, was ich müsste). Meine Eltern und meine Schwiegermutter haben die letzten 10 Jahre ohne bedrohlichere Krankheiten verbringen können. Das ist ein Geschenk für sie, aber auch für uns als Kinder. Unsere Generation konnte sich im Leben finden und frei gestalten, ohne große Rücksichten auf die Älteren nehmen zu müssen. (Meine Eltern leben alleine etwa 200 km von mir, meine Schwester sogar im Ausland.)
Corona als Lehrerin? Fluch oder Segen? Es hat mich auf jeden Fall weitergebracht.
Und unser Konto ist auch nicht mehr so chronisch leer wie vor 10 Jahren kurz nach dem Hausbau.
Hadere nicht, liebe Jette! Freu dich auf die nächsten 10 Jahre! Ich wünsche dir, dass du das Jahrzent, welches vor dir liegt, ebenso erfüllend erleben kannst wie ich! Du wirst das rocken!
Einen tollen Geburtstag und ein Herz voller schöner Erinnerungen daran wünsche ich dir!
Birgit
Liebe Jette, ich bin noch ein paar Jährchen älter als Du…46…und ich kann Deine Gedanken voll und ganz verstehen! Die Leichtigkeit und die Sorglosigkeit nimmt im Alter immer mehr ab. Auch wir hatten in den vergangenen Jahren einige richtig harte Nüsse zu knacken und manchmal dachte ich, ich bin doch noch gar nicht soweit. Schlimm finde ich auch, dass man an den Menschen um sich herum merkt, dass das Leben endlich ist und wir durch das Fortschreiten des Alters immer mehr in andere Rollen katapulltiert werden. Ob man dazu bereit ist oder nicht…
Aaaaaber, andererseits: Ich merke, wie ich immer mehr zu mir selbst finde, eine große innere Ruhe entwickele und immer mehr das Wichtige von dem Unwichtigen trennen kann. Und das tut sehr gut! Alles hat also sein Für und Wieder:) Sag mir das nochmal, wenn ich in 4 Jahren 50 Jahre werde:)))
Freu Dich auf Deinen Geburtstag und lass es ordentlich krachen! Liebe Grüße!
Ich bin *noch* Mitte 30 und habe noch etwas Galgenfrist bis zur großen 40. Aktuell erlebe ich eine Zäsur in meinem Leben und hoffe, nochmal neu anfangen zu können – nicht ganz neu, aber ein kleiner Reboot wäre schön. Und ich denke mir immer, so viele in meiner Familie und im Bekanntenkreis durften nicht mal annähernd so „alt“ werden wie ich. Ich bin dankbar für das Erlebte, weil das wirklich für ein halbes Leben reicht. Und die zweite Hälfte wird hoffentlich ein bisschen ruhiger. Nur wird sie gefühlt schneller vorbei gehen als die erste Lebenshälfte. Das macht mich ein bisschen traurig. Also ziehen wir das Beste aus jedem Tag! Mit Lichterketten-Eskalation im Garten, Grillnachbarn und Schokoerdbeeren, mit buntem Gin und anderen leckeren Flüssigkeiten, Kinderlachen, Hundesabber, der einen zu teuren Handtasche usw…