Die letzten Wochen waren nicht immer leicht und schnell passiert es, dass man sich selbst aus den Augen verliert. Weil andere Dinge wichtiger erscheinen. Weil ein Termin den Nächsten jagt. Weil die Kinder uns brauchen. Weil der Haushalt wartet. Gründe zu funktionieren gibt es viele. Und so rennen wir hin und her, versuchen alles zu schaffen und merken nicht, wie wir selbst irgendwann stehen geblieben sind und nicht mehr hinter her kommen.

Irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem man nur noch müde ist. Fast antriebslos. Alles scheint zu anstrengend. Und dann diese Kinder. Die scheinbar laut sind. Nur noch laut sprechen. Nur noch Blödsinn machen. Und die eigene Toleranzgrenze scheint bei Null angekommen zu sein. Keine Kraft mehr, ruhig zu bitten, nett zu erklären. Stattdessen scharfe Worte, eine laute Stimme und im nächsten Atemzug den Tränen nahe. Es ist einfach zu viel. Die Familie zu viel. Die Arbeit. Der Haushalt.

So geht es mir seit einigen Wochen. Aber nicht die Kinder sind zu laut, oder die Arbeit zu viel. Niemand hat besonders hohe Erwartungen an mich, außer ich an mich selbst. Ich funktioniere für die Kinder und habe keine Zeit, mich um mich selbst zu kümmern. Mal richtig traurig zu sein. Mal irgendwo auf dem Feld laut zu schreien. Ich fühle mich gehetzt und wenn ich schlafe, fühlt es sich am nächsten Tag wenig erholsam an. Im Schlaf beisse ich fest die Zähne zusammen, so dass mein Kiefer weh tut. Viel zu schnell werde ich laut und ungerecht zu den Kindern.

Auf sich zu achten ist wichtig. Nicht immer kann man einfach mal zwei Tage abhauen. Und ich würde so gern ein Wochenende ganz allein weg fahren. Aber dauerhaft löst das auch keine Probleme. Umso wichtiger ist es, im Alltag auf sich zu hören. Sich Zeit für sich zu nehmen. Wenigstens ein paar Minuten am Tag. Und wenn man abends baden geht und die Tür schließt. Statt die Küche aufzuräumen. Ja die kann auch noch einen Tag länger dreckig aussehen. Zum Glück macht das hier der Mann fast jeden Abend. Es ist wichtig, auf sich zu achten, auch der Kinder wegen. Denn sie haben es nicht verdient, dass man sie jeden Tag gereizt anmeckert. Keiner möchte so zusammen leben und ich ertrage mich selbst kaum.

Wie ich mich um mich kümmere? Ich rede mit dem Mann. Ich sage ihm was los ist. Ich versuche, einmal tiiiieeeeeef durchzuatmen und mich schnell noch zu fragen, ob das scharfe „Nein!“ wirklich sein muss. Ich kuschele abends extra doll mit den Kindern und erkläre ihnen, dass es für mich grad nicht so leicht ist. Ich gehe zeitig ins Bett und lese etwas. Ich gönne mir eine Massage, eine Maniküre, einen Friseur Besuch. Denn wenn ich mich auch äußerlich immer unwohl fühle, wird das nichts mehr mit der Laune. Ich schicke den Mann mit den Kindern raus und genieße diese Stunden bewusst. Ich schreibe Gedanken auf. Ich mache mir Listen und streiche durch. Was aus dem Kopf ist, stresst nicht mehr. Jetzt am Meer gehe ich spazieren. Ganz allein. Und ohne Telefon. Man kann so ein Telefon stressen. Email – pling – neue WhatsApp Nachricht – pling – immer verfügbar.

Hört auf euch und achtet auf euch. Ganz egoistisch kommt ihr an erster Stelle. Denn wenn es einem nicht gut geht, wie soll man Energie für andere geliebte Menschen haben? Das kann nicht gut gehen. Irgendwann ist man erschöpft. Zu erschöpft für alles. Wir müssen nicht perfekt sein, wir müssen nicht 24 Stunden am Tag verfügbar sein. Wir brauchen nicht die sauberste Wohnung und das gesündeste Essen. Wir brauchen einen klaren Kopf, einen gesunden Körper und gute Gedanken. Gut ist gut genug. Wir meinen immer, wir müssen so viel. Hier noch ein Ausflug, da noch was basteln, dort zur nächsten Einladung, hier ein Ohr für Andere haben, dort die Kinder trösten und schnell noch den Einkauf erledigen, so nebenbei. Ja manche Verpflichtungen müssen eben eingehalten werden. Aber der Rest der geht auch anders. Ganz oft. Wenn wir nur mal durchatmen. Gereizt und gestresst sein bringt nichts außer ein Magengeschwür. Die Familie ist da, man will sie ja gar nicht dauerhaft los werden. Also ist es keine Lösung, sie nur noch anzumaulen oder sich weg zu wünschen.

Schwere Phasen gibt es immer wieder. Wochen oder Monate in denen alles zu viel scheint. In denen die Familie anstrengend erscheint, irgendwie keinen Spaß macht, nur Energie raubt. Man muss nur einen Ausgang finden. Die schönen kleinen Momente wieder zu schätzen wissen, aufhören den Terminen hinterher zu rennen und wieder in sich hinein horchen. Dann hilft manchmal auch das zweite Schokoeis am Tag, obwohl man doch den Kindern nicht so viel Zucker geben will und man selbst ist ja auch auf Diät. Pfts. Schaffen die Kinder schon mit dem Zucker und naja Bikinifigur ist eh ein dehnbarer Begriff.

Kümmert euch um euch selbst, hört in euch rein und tut euch was Gutes! Denn Familie fetzt. Auch in schweren Zeiten, man muss nur genau hin schauen.

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Autor

Seit 2011 bin ich in die Welt der Mütter aufgenommen. Mittlerweile habe ich 3 Töchter und einen Sohn. Hier schreibt keine "typische" Mutter, die Haushalt und Familie mit links schmeißt, Modelmaße hat und nebenbei locker eine Karriere wuppt. Ich finde es okay, auch mal zu sagen "Ich bin müde! Der Mann nervt! Wir streiten öfter! Nein, ich backe, bastel und singe nicht 24 Stunden am Tag! Ja, ich mag Fast Food und ein Schnäpschen zwischendurch!" Aber auch die schönen Dinge kommen nicht zu kurz. Süße Sachen die ich im Netz finde, hilfreiche Tipps, anderes Lesenswerte und ganz viel ♥

7 Comments

  1. Das hast du ganz wunderbar formuliert.

    Eltern, die sich um sich selbst kümmern, sind wahre Vorbilder.
    Das ist kein Egoismus, sondern Selbstliebe und Selbstfürsorge.

    Alles Liebe,
    Conni von muttersprach.de

  2. Ach Jette,
    danke für diese ehrlichen Worte und gut für dich, dass du sie zugelassen hast und was verändert hast, Das ist ja oft das Problem, das wir Mütter haben…Ohne Veränderung gehts es einem ja häufig nicht besser. Jetzt hoffe ich einfach, dass der Urlaub euch auch noch entspannt hat!
    Liebe Grüße

  3. Liebe Jette,

    du sprichst mir wirklich aus der Seele. Ich habe selber 3 Kinder, einen Mann der sehr viel arbeiten muss und hatte in den letzten Jahren viele Schicksalsschläge zu verarbeiten. Genau bei dem Wort „zu verarbeiten“ liegt das Problem. Durch die ganzen Aufgaben, die täglich bei 3 Kindern, Arbeit, Haushalt, Garten, Haustiere usw anfallen, hatte ich auch eigentlich nie wirklich Zeit dazu, mal in Ruhe zu trauern. Bis jetzt habe ich es deshalb mit Verdrängen probiert, aber langsam merke ich, dass das auf Dauer nicht funktioniert. Mein Körper zeigt mir nun auch die Grenzen und ich bin nur noch müde, genervt und muss mich jeden Tag zusammen reißen, damit meine Familie nicht „unter mir leidet“.
    Vielen Dank für deinen Text. Manchmal dachte ich schon, dass ich langsam verrückt werde. Da tut es wirklich gut, mal zu lesen, dass es anderen auch so geht. Denn auch wir Mamas sind nur Menschen.

    LG Tabea (AnMoMi Blog)

  4. Constanze

    Du hast so Recht, liebe Jette, und wieder so schön geschrieben! Für mich kommt dein Post genau zum richtigen Zeitpunkt, ich merke gerade schon, wie der Sog mich nach unten zieht und fragte mich gerade, was ich tun kann. Ich muss ja so viel. Nicht.

    Ich mach mir jetzt mal nen Plan und wünsche dir gute Erholung und dass es dir gelingt, die eigenen Worte umzusetzen (das ist ja manchmal das Schwierigste ;-) )

  5. Oh Jette,

    Recht hast du. Mich beschäftigt das tatsächlich auch seit einiger Zeit, ich bräuchte ganz dringend mal eine kleine Pause. Vielleicht auch nur mal alleine schlafen, ganz alleine liegen, ohne, dass es von mindestens einer Seite an mir zerrt. Zwar fetzt nichts mehr, als Kinder kuscheln, aber mal durchatmen und wirklich ausruhen wäre auch nicht schlecht.

    Wenn mal wieder alles zu viel ist, klar, dann muss man streichen. Ich finds nur so schade, dass die schönen Dinge, das Treffen mit Freunden, der Spaziergang, der Ausflug zum Meer meist als erstes von der Liste fliegen, weil man muss ja noch und hat noch nicht und diesunddas. Und jenes auch.

    Ich glaube auch, dass man nur richtig „funktionieren“ kann, wenn man gut gewartet ist, also auf sich selbst Acht gibt. Meine Kinder sollen später nicht sagen „Die Alde war immer so feddich, aber hey, die Bude war blitzeblank.“ Sie sollen sich an Spiele erinnern, an Geschichten und eine fröhliche Mama, die auch mal einen Quatsch mitgemacht hat, statt müde immer nur zu meckern. Und da will ich auch wieder hin, jawohl.

    Viel Spaß noch beim Kopf frei posten lassen, Ostsee hilft da ja ungemein. :)

    Alles Liebe
    Judith

  6. Kleinstadtlöwenmama

    Danke für die Erinnerung! :-)
    Ich wünsche Dir für die nächsten Wochen viele kleine erholsame Momente, die Dir helfen beim „Runterkommen“ und Achtsamsein…
    *schreibe ich und sitze in Ruhe vorm PC, während um mich herum Wäscheberge und Urlaubsvorbereitungen warten*

  7. Das sollte man jeder Mutter zur Geburt schenken! Zeit für sich und vorallem darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass man das „darf“ als Mutter.
    Danke für den Text! Danke, dass du deine Gefühle mit uns teilst.
    Alles Liebe ????????????

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