Den Ort für eine Geburt auszuwählen ist wohl die persönlichste Entscheidung in einer Schwangerschaft. Nehmen wir an, alles verläuft normal und man kann entscheiden wo man gebären möchte. Die Hebammensituation lässt Hausgeburten immer schwerer zu, Geburtshäuser sind schnell „ausgebucht“, in Krankenhäusern liest man Horrorstories von überlasteten Hebammen, die zwischen mehreren Kreißsälen hin und her springen müssen und von Frauen, die an der Tür abgelehnt werden, weil alles belegt ist. Klingt irgendwie alles wenig beglückend.
Bei meinem ersten Kind kam für mich nur ein Krankenhaus in Frage. Das war 2011. Ich wusste ja nicht was mich alles so erwarten würde unter der Geburt und ein Krankenhaus mit den verschiedenen Möglichkeiten der Schmerzlinderung verschaffte mir nötige Sicherheit. Mich beruhigte es einfach zu wissen, was ich alles für Möglichkeiten habe, sollte ich sie brauchen. Heißt ja nicht, dass man zwangsläufig alles ausschöpft. Dem war auch nicht so. Es ging einfach zu schnell. Meine Hebamme war die ganze Zeit dabei, ich wurde nicht gezwungen liegen zu bleiben wegen dem Wehenschreiber, sondern man ließ mich machen. Die Ärztin kam erst ganz zum Schluss und so hatte ich eine Geburt, die kaum von außen beeinflusst war, außer von den Anweisungen der Hebamme, aber das ist ja normal.
So bestand für mich keine Notwendigkeit, Kind Nummer 2 nicht wieder im Krankenhaus zu bekommen. Die Betreuung war toll, ich fühlte mich wohl, die Hebamme war super. Leider habe ich mittlerweile das Gefühl, es wird schon erwartet, dass alles im Krankenhaus schief läuft, die Ärzte und Hebammen furchtbar sind, die Frauen zu irgendwelchen Dingen gedrängt werden und nicht selbstbestimmt gebären dürfen. Es war gegen ein Uhr nachts, ich wurde erstmal ans CTG angeschlossen und alles klang danach, als könnten wir bald wieder nach Hause. Naja. Zwei Stunden später waren wir Eltern von zwei gesunden Kindern. Die Hebamme betreute mich die ganze Zeit, ertrug mein Gemecker und ignorierte, dass ich doch jetzt gefälligst nach Hause gehen will. Ich bat um Schmerzmittel und bekam einen Zugang gelegt. Ich schaute den Tropfen zu und dachte, das sei wohl ein Scherz. Hilft nüscht. Ich glaube, der Hebamme war schon klar, dass es schnell gehen würde. Im Nachhinein schon lustig. Ich muss sagen, dieses Mal war es der Mann auf den ich hörte. Auf die Hebamme und die Ärztin war ich sauer, weil sie eine PDA verweigerten und mich nicht gehen ließen, nur auf die Kommandos des Mannes hörte ich noch.
Auch dieses Mal nahmen wir ein Familienzimmer, wurden toll betreut und fühlten uns wohl. Niemand schwatzte mir in meine Stillwünsche rein oder diskutierte, warum das Baby zwischen uns, statt im Babybett lag. Sowohl Hebamme als auch die Ärztin bewiesen Humor, vertrauten mir und überwachten lediglich, ob es dem Baby gut geht während der Geburt.
Natürlich könnte bei Nummer drei nun alles anders werden. Vielleicht haben die Hebammen viel zu tun, vielleicht gerate ich an eine Unsympathische. Aber ich konnte unter beiden Geburten immer noch genau artikulieren was ich will, ok, mein Fluchtreflex wurde ignoriert, ansonsten tat keiner was, was ich nicht wollte oder zwang mich in die Wanne, aufs Bett, in diese oder jene Position. Jede Geburt ist anders und ich habe eher Angst, dass dieses Mal alles schief geht und ich nach 12 Stunden Wehen einen Notkaiserschnitt bekomme, denn es lief ja zweimal gut. Auch sowas machen diese Meldungen über furchtbare Geburten mit mir, dass ich kein Vertrauen habe, sondern Angst. Völlig bekloppt. Denn ich fühlte mich wohl im Krankenhaus. Ich wurde bestens umsorgt, ich erlebte zwei Geburten, an denen es nichts auszusetzen gibt.
Ich finde nicht, dass eine Geburt im Krankenhaus etwas damit zu tun hat, wieviel Vertrauen man seinem Körper schenkt. Mich beruhigt es eben, einen Plan B zu haben. Falls was passiert, ist alles vor Ort. Ich muss mich um so etwas nicht sorgen. Natürlich wird meist nichts passieren und beide Kinder hätten auch in einem Geburtshaus zur Welt kommen können, denn zum Glück war bis auf die Blutentnahme kein medizinischer Eingriff notwendig. Auch das Legen des Schmerztropfes wirkte auf mich einfach beruhigend, ich glaube nicht dass sie halfen, es war beide Male schon kurz vor der Geburt. Ich rede mir aber ein, dass diese Schmerzmittel der Knaller sind, besser als Akupunktur oder Globuli. Völlig egal ob dem so ist. Für mich funktioniert es. Ich kann mich auf die Geburt konzentrieren und fühle mich sicher. Und das ist das Wichtigste. Wer weiß wie die Entscheidung gefallen wäre, hätte ich keine guten Erfahrungen gemacht, vielleicht wäre ich bei Nummer 2 ins Geburtshaus gegangen. Wobei, ich bin schon Typ Schulmedizin wenn alle Stricke reißen.
Was ich damit sagen möchte ist, egal wo Frau gebärt und wieviele Drogen sie verlangt, es ist ihre persönliche Entscheidung. Keine ist besser, weil sie so tapfer auf sich vertraut hat und keine Schmerzmittel verlangt hat. Ist weder ein Wettkampf, noch bekommt frau ein Heldenkostüm geschenkt am Ende. Wer sich im Krankenhaus gut aufgehoben fühlt, dem sollte die Entscheidung nicht mit negativen Geschichten schlecht gemacht werden. Dann denkt einfach an mich, hier lief alles super. Ebenso sollte jede Frau entscheiden dürfen zu Hause oder im Geburtshaus ihr Kind zur Welt zu bringen ohne belächelt zu werden, als Ökotante oder aber erst Recht als starke und „richtige“ Frau gefeiert zu werden.
Ich werde mein Kind im Krankenhaus zur Welt bringen. Vielleicht ambulant. Mal sehen. Am Ende wissen wir nicht was auf uns zu kommt, ob es genauso schnell geht oder länger dauert, ob die Hebamme Zeit hat oder gestresst ist. Aber zu Hause gebären ist für mich keine Option, auch kein Geburtshaus. Das ist meine Entscheidung, die macht mich nicht besser und sie ist nicht richtiger. Sie ist meine persönliche Wahl um möglichst entspannt in die Geburt zu gehen, wie auch immer sie enden mag. Hoffentlich natürlich mit einem gesunden Baby im Arm.
Egal wie und wo, ob auf dem Kopf, im Vierfüßler, auf dem OP Tisch, vom Lachgas benebelt oder mit Akupunkturnadeln im Ohr, der Weg den ihr hoffentlich selbstbestimmt geht ist der Richtige. Ob im Krankenhaus oder zu Hause. Etwas passieren kann unter jeder Geburt, Hilfe in Form von Schmerzmitteln anzunehmen, ist nichts Schlechtes. Oder wer lässt sich beim Zahnarzt schon freiwillig die Wurzel behandeln ohne Narkose? Merkt da jemand vorwurfsvoll an, wie wenig Vertrauen man doch in sich hätte? Eben. Also versucht euch zu informieren über die Möglichkeiten, ignoriert traumatische Geburtsgeschichten (Die nicht nur im Krankenhaus passieren können) und hört auf euch, dann werdet ihr das Kind schon schaukeln.
10 Comments
Liebe Jette,
seit einiger Zeit lese ich Deinen Blog und mag es sehr, wie und was Du schreibst. Du bist mir sehr sympathisch :-) Und was Du zu diesem Thema geschrieben hast, finde ich total super. jeder sollte für sich entscheiden, womit er sich am wohlsten fühlt. Ich komme z. B. aus Marburg und die Klinik ist, was die Wochenbettstation angeht (der Kreißsaal ist super) absolut gruselig, aber nichts desto trotz habe ich unsere beiden Kinder dort zur Welt gebracht, weil Sicherheit für mich an erster Stelle steht und ich es für mich am wichtigsten war. mich sicher zu fühlen. In einem Geburtshaus ist es bestimmt kuscheliger und ruhiger, aber darauf habe ich gern verzichtet und dafür gewusst, dass neben den Hebammen (die ich absolut toll fand und bei Geburt Nr. 2 habe ich zum Glück auch nur die Hebamme und meinen Mann an meiner Seite gehabt) Ärzte, Kinderärzte, eine Intensivsation und alles erdenklich mögliche im Hintergrund verfügbar ist. Jeder muss machen, was er für richtig hält und egal wie, hauptsache das Baby und die Mama gehen gesund nach Hause.
Alles Liebe für Deine Schwangerschaft,
Anne
Wir scheinen insgesamt recht ähnliche Erfahrungen gemacht zu haben. Ich habe schon vor einiger Zeit darüber gebloggt.
Weiterhin viel Freude bei dieser Schwangerschaft.
http://parentsdont.blogspot.de/2015/12/die-romantisierung-der-erbsunde.html
Ein toller Artikel, wirklich klasse geschrieben! Ich finde es so furchtbar, dass Frauen einander für die Wahl des Geburtsortes verurteilen müssen…
Bei mir war die erste Geburt eine der Sorte „Horror“. Ich würde das aber nicht (nur) dem Krankenhaus zuschreiben, sondern zu ebenso vielen Teilen meinem jungen Alter und der Unerfahrenheit. Ich war einfach nicht in der Lage selbstbewusst zu sagen, was ich will.
Bei der zweiten Geburt – ebenfalls im Krankenhaus – sah das schon ganz anders aus. Und obwohl sie ebenfalls im Notkaiserschnitt endete, fühlte ich mich zu jedem Zeitpunkt Ernst genommen, gut aufgehoben und absolut wohl.
Mir geht es da wir Dir: Ich brauche die Sicherheit eines Krankenhauses. Klar, nach der Erfahrung der 1. Geburt ist das vielleicht auch ganz klar und sähe evtl. ganz anders aus, wenn die anders verlaufen wäre. Aber es ist nunmal wie es ist.
Auch bei einem 3. Kind würde ich ins Krankenhaus (vermutlich auch müssen) und es ist okay. Ich würde aber vermutlich das ein oder andere nochmal anders handeln wollen, das wird sich dann zu gegebener Zeit zeigen.
Alles Liebe für die 3. Geburt – Du wuppst das schon, auf welchem Weg auch immer! ♥
Dann wünsche ich dir alles Gute für die Geburt. Ist doch super wenn du ein gutes Gefühl hast!
Ich sehe das auch so. Nachdem es mein erstes ist und ich keine Ahnung habe, was da auf mich zu kommt, geh ich auch auf jeden Fall ins Krankenhaus. Meins hat sogar eine Kinderklinik direkt angeschlossen, sollte, Gott bewahre, mein Kleiner zusätzlichen Support brauchen.
Aber ebenbauch für mich: Vielleicht schaffe ich es ja ohne Medikamente, aber sollte ich mich irgendwann für eine PDA entscheiden, dann hätte ich die Option gerne auch zur Verfügung. Oder einen Arzt da, der einen Kaiserschnitt machen könnte, falls es nötig werden sollte.
Nachdem ich kürzlich an einem Wochenende ganz klischeehaft als besorgte erstlingsmutter wegen einer Kleinigkeit Panik geschiben hatte, hatte ich zumindest schon die gelegenheit, die Geburtsstation meiner präferierten Klinik ausgiebig zu begutachten und ich war super happy dort. Die diensthabenden Hebammen waren sehr nett, die Stimmung war (be)ruhig(end) und gelassen, das alles hat mich in meiner Entscheidung bekräftigt.
Oh ja die Hebammen Situation muss dringend verbessert werden.
So ist das, eine erzählt was gutes, die andere erlebt es ganz anders. Drum kann man am Ende nur das KH anschauen oder das Geburtshaus u danach entscheiden wo man sich wohl fühlt.
Ich werde wohl ins vivantes Friedrichshain gehen oder ins sana Klinikum.
Alles gute für die Schwangerschaft und Geburt!
Super toller Artikel, ich bekomme Mitte Juni unser viertes Kind und bei mir ist es ganz genauso. Alle Geburten wurden toll betreut und ich kann nur Gutes sagen über die Betreuung im Krankenhaus. Zu wissen es kann direkt geholfen werden, zur Not mit KS, war für mich immer beruhigend. LG Stine
Hallo Jette, das hast Du schön geschrieben. Ich selbst glaube daran, dass Geburten einer selben Frau sich schon ähneln, zumindest wenn sie problemlos verlaufen, wie es in Deinem Fall bei Kind 1 und 2 war. Dadurch hast Du eine grosse Chance, eine ebenso problemfreie und schnelle Geburt bei Kind n°3 hinter Dich zu bringen. Da bin ich fest von überzeugt. Der Glauben daran ist schon die halbe Miete. Und Angst zu haben brauchst Du erst recht keine. N°3 flutscht noch einfacher als N°1 und N°2, das ist doch allseits bekannt!
Ich freue mich für dich, dass alle Geburten gut verlaufen sind und drücke dir auch für die anstehende die Daumen! In welches Krankenhaus willst du denn diesmal gehen? Leider muss ich sagen, dass ich in Oranienburg überhaupt nicht gut betreut wurde. Darum werde ich diesmal in ein anderes Krankenhaus gehen. Geburtshaus stand auch zur Wahl, aber da ich ebenfalls die Sicherheit schätze und jetzt auch als Risikoschwangere eingestuft wurde, wird es doch das Krankenhaus.
Kann dir nur zustimmen, dass das jede Frau für sich entscheiden sollte! Es wäre aber schön, wenn sich die Hebammensituation verbessern würde und man doch mehr Wahlmöglichkeiten hätten.
Alles Gute für dich und deine Familie!
Ich finde deinen Text wahnsinnig wertvoll, das er keine gängigen Klischees bedient – wie du auch selbst schreibst. Das würde nur wieder zu einer ergebnislosen Grundsatzdiskussion führen. Wie ich ja schon bei Twitter sagte: du hast zwei – für mich – sehr tolle Kernaussagen.
Es ist immer eine sehr individuelle Entscheidung, einer Frau oder einer Familie, warum sie sich für oder gegen einen bestimmten Geburtsort entscheiden. Das tut bestimmt niemand leichtfertig oder gar fahrlässig. Ich denke jede Mutter will das beste für ihr Kind und entscheidet nach besten Wissen und Gewissen. Natürlich auch aus dem Hintergrund ihrer Erfahrungen heraus. Aber ist gibt kein falsch oder richtig. Du hast wunderbare Geburten in einem KH erlebt. Wieso solltest du dann etwas anderes machen wollen? Zudem sagst du, dass du dich dort SICHER fühlst. Das halte ich für sehr entscheidend, da man bei der Geburt loslassen kann. Das ist wichtig!
Zudem ist dein Text wichtig, weil er zeigt, dass KH-Geburten durchaus sehr schön, erfüllend und keineswegs traumatisch sein müssen!!! Es gibt nirgends eine Garantie für eine Traumgeburt: nicht zu Hause, nicht im Geburtshaus, nicht im KH.
Ich persönlich habe einmal im KH und einmal im Geburtshaus entbunden – aus meinen individuellen Gründen heraus. Beides Mal war mein Sicherheitsbedürfnis der Entscheidungsgeber. Ich wollte immer dahin, wo ich mich sicher fühlte. Nur fiel bei mir die Antwort nicht gleich aus. Beim dritten Kind werde ich sehen, wie meine Antwort dann lautet, wenn ich vor der Entscheidung stehe. zur Zeit tendiere ich zur Hausgeburt… Aber ich sehe das nicht dogmatisch, sondern individuell für mich – passend.
Liebe Grüße
Mother Birth