Entwicklung-Kindheit-Kleinkind

Elternsein bedeutet in vielen Fällen einfach beobachtend daneben stehen. Der Rest ist Liebe gepaart mit Unwissenheit. Manchmal staunen wir. Manchmal gucken wir ungläubig. Manchmal hilft auch wegschauen. Und am Ende des Abends liegen wir müde auf dem Sofa und sind froh und glücklich, dass niemand ernsthaft verletzt ist und bei all der Müdigkeit, dem Stress und der Überforderung, die Natur so schlau war uns mit elterlicher Liebe auszustatten, so dass wir wieder und wieder in einen neuen Tag starten.

Zur Zeit stehe ich viel daneben. Einfach weil meine Kinder mich nicht mehr 24 Stunden brauchen. Sie wollen mich in ihrer Nähe wissen, aber sind sich selbst oft genug. Da spielen die zwei Großen den ganzen Tag im Zimmer und kommen nur raus, weil sie Hunger haben oder uns erklären, dass das rote schuld bedeutet, wir sollen nicht rein kommen. Geht ja früh los. Da schnappen sie sich ihre kleinste Schwester und alles was ich höre ist Gegacker oder lauter Protest der Kleinsten wenn etwas nicht so läuft, wie sie es will.

Manchmal bin ich nur zum Schnuller reichen da

Da komme ich zum staunend daneben stehen. Die Kleinste ist nun 18 Monate alt. 1,5 Jahre. Sie plappert erste Worte und kann ganz vorzüglich eine Schnute ziehen wenn sie „nei-hein!“ sagt. Eigentlich braucht sie gar nicht sprechen lernen. Sie kann sich super ausdrücken über ihre Mimik oder lautes Schreien. Letzteres hat zugenommen in letzter Zeit. Sobald ihr etwas nicht passt, sie etwas möchte, etwas nicht hergeben will oder etwas allein probieren will und sie jemand dabei stört, schreit sie. Entzückend. Sie ist schon so selbstständig und hat ihre großen Schwestern so gut im Griff, dass ich momentan nur der Schnuller oder Essensreicher bin. Na kuscheln darf ich noch. Wenn ich nach einem Kuss frage, schmeißt sie sich zurück und lacht. Gefolgt von ihrem „Nei-hein“ Nun ja.

Ich sag euch, ich liebe die Neugeborenen Phase. Wenn man die Babys überall mit hinnehmen kann, sie glücklich sind so lange man da ist und irgendwie alles trotz des erheblichen Schlafmangels, so herrlich nach Baby duftet. Aber jetzt wo sie größer werden, da fetzt es auch. Sie brauchen mich in leisen Momenten und ich bin da. Aber ich mag auch meine neue Rolle der Beobachterin. Ich sehe wie sie sich entwickeln, wie sie selbstständiger werden. Wie sie mir helfen und klar ausdrücken was sie wollen. Oder eben nicht. Restaurant Besuche finde ich mit einem kleinen Baby leichter als jetzt mit drei Kindern, denen recht schnell langweilig wird. Vor allem der Jüngsten. Und obwohl ich ein bisschen wehmütig bin, freue ich mich auf diese neue Selbstständigkeit.

Die Person ist gerade nicht erreichbar

Bleiben wir realistisch, grad bei der Jüngsten wird mich diese Selbstständigkeit noch einige Nerven kosten. Wenn im Kopf plötzlich „The person you have called is temporarily not available“ abgespielt wird und man ratlos vor dem Wutausbruch steht. Wenn man los will, aber das Kind die Schuhe alleine anzieht und das natürlich drölfzig Stunden dauert. Aber mir hilft dieser Satz. Zu denken, dass da im Kopf grad keiner ist. Das war schon bei den anderen Mädels so. Dann sollen sie eben mal ausrasten. Ich würde das ja auch gern manchmal einfach unkontrolliert tun. Ich stehe eben wieder einfach daneben und warte.

Daneben stehen ist gar nicht so schlimm und langweilig wie es klingt. Es gibt uns Eltern die Chance unsere Kinder zu beobachten. Erstaunt festzustellen, was sie alles können. Wir sind da, aber ein bisschen auf Abstand und das ist total okay. Denn einfach so mitten am Tag oder in der Nacht suchen sie unsere Nähe und ich halte sie fest und speichere den Moment. Ja Elternsein ist nicht immer leicht. Aber in den Momenten wo wir einfach mal nur da stehen, da ist es besonders schön, denn wir werden belohnt für all das was wir täglich machen. Wir sehen es in unseren Kindern und sollten stolz auf uns sein.

Also steht doch einfach mal dekorativ rum und beobachtet. Und seid stolz auf eure Kinder und auf euch. Familie fetzt. 

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Autor

Seit 2011 bin ich in die Welt der Mütter aufgenommen. Mittlerweile habe ich 3 Töchter und einen Sohn. Hier schreibt keine "typische" Mutter, die Haushalt und Familie mit links schmeißt, Modelmaße hat und nebenbei locker eine Karriere wuppt. Ich finde es okay, auch mal zu sagen "Ich bin müde! Der Mann nervt! Wir streiten öfter! Nein, ich backe, bastel und singe nicht 24 Stunden am Tag! Ja, ich mag Fast Food und ein Schnäpschen zwischendurch!" Aber auch die schönen Dinge kommen nicht zu kurz. Süße Sachen die ich im Netz finde, hilfreiche Tipps, anderes Lesenswerte und ganz viel ♥

11 Comments

  1. Ach Jette, das hast du schön geschrieben! Ich darf auch nur manchmal dekorativ daneben sitzen, aber die Zeit wird wohl bald kommen und ich freue mich drauf.
    Liebe Grüße
    Laura

  2. So ein toller Text. Ich liebe deine Ausdrucksweise einfach.
    Meine Tochter ist jetzt 13 Monate. Also noch recht jung. Die Tage sind noch sehr unterschiedlich. Mal sitze ich da und bin fasziniert davon wie schön sie sich beschäftigen kann und dann gibt es diese Tage an denen ich mich keinen cm weg bewegen darf. Tja…. Das ist dann natürlich anstregend aber gehört nun mal dazu….. Und wie du schon sagst, am Ende des Tages zählt nur das alle gesund sind und man das Glück hat eine Mama sein zu dürfen.

    Mach weiter so und bleib wie du bist.

  3. Danke für diesen wunderbaren Artikel! Einfach nur daneben stehen ist toll – auch wenn ich zum Beispiel mich da erst dran gewöhnen musste. Mein großer Sohn hat das Downsyndrom und brauchte entsprechend in den ersten Jahren etwas mehr Zuwendung bzw. musste man schon mehr auf ihn achten. Ich musste danach wirklich erst wieder lernen, ihn einfach machen zu lassen. Inzwischen genieße ich es aber genauso wie Du!

  4. ankemaria

    ha! Knaller! „Wenn im Kopf plötzlich „The person you have called is temporarily not available“ abgespielt wird…“ das trifft es so gut und da werde ich jetzt bestimmt immer daran denken, wenn bei einem meiner 3 ein Meltdown stattfindet!

    Und das mit dem Danebenstehen, ja das ist auch wahr. Ich finde es total faszinierend zu beobachten, wie meine miteinander spielen und in ihre eigene kleine 3er Welt abtauchen. Und natürlich besonders, wie die Große immer mehr ganz eigenständig wird, darauf beharrt, „schon gross zu sein“ und mich am Tag tatsächlich immer weniger braucht (abends und nachts wird sie immer noch ganz klein und verkuschelt).

    Ich bin aber schon jetzt doch auch irgendwie wehmütig, auch wenn meine „Große“ erst 4 ist und meine beiden Kleinen „2“. Sie werden so wahnsinnig schnell groß (was ja auch toll ist, keine Frage), aber ich kann mich noch nicht wirklich damit abfinden, keine „Baby-Mama“ mehr zu sein. Der Duft! Dieser Blick! Wenn man noch die ganze Welt für diesen kleinen Menschen ist… hach…. das Thema Kind Nummer 4 ist wohl definitiv noch nicht durch bei mir ;)

    liebe Grüße

  5. Danke Jette!
    Ich hab in den letzten Tagen seit deinem Artikel schon so oft gedacht: „The Person you are calling …..“ Denn das trifft echt auf den Punkt! Und auch in solchen Fällen stehe ich im übrigen einfach daneben und beobachte. Nur irgendwie mit weniger Schmetterlingen im Bauch… ;)
    Aber auch sonst weiß ich ziemlich gut, was du meinst. Die Momente zum „nur beobachten“ sind bei uns im Momentnoch eher rar. Emil (3) konnte eigentlich immer sehr gut alleine spielen und ich hab ganz oft einfach nur verliebt beobachtet. Dann kam Anton (1,5). Ein klassisches Schreibaby. Und Emil musste zusehen, wie auch er trotzdem noch genug vom Aufmerksamkeits-Kuchen abbekommt. Und über die Tour hatte er das alleine spielen ziemlich verlernt. Seit ein paar Wochen lernen die beiden das aber wieder. Und spielen immer öfter zusammen – Ohne mich und ohne zanken. Und ich kann daneben sitzen, beobachten, Schmetterlinge (und Kaffee) im Bauch haben uns vor Stolz könnte ich manchmal fast platzen. Ja, ich verstehe was du meinst! Und auch, wenn genau das die Momente sind, in denen man dann eigentlich gerade mal Zeit hätte was sinnvolles zu machen, sollte man diese Momente so oft es geht ganz bewusst auskosten und aufsaugen! Ich mach das jedenfalls so! (Macht auch mehr Spaß als Fenster putzen……)
    Liebe Grüße, Annika

  6. Hmmmm unterwegs macht sie das noch nicht so viel. Aber was hilft, ich rede leise mit ihr. Sie hört dann auf. Ablenken hilft auch oft. U versuche dich nicht stressen zu lassen. Sonst einfach mal die Person fragen ob sie nen Tipp haben. Du wüsstest grad nicht weiter. Dann merken die meisten schnell, wie doof ihr starren ist. 😊

  7. Ganz lieben Dank liebe Sine. Ich freue mich, dass dir meine Beiträge gefallen. Und die Sprüche deiner Tochter sind ganz toll. Vor allem bei dem Wutanfall. ❤️

  8. Liebe Jette,

    toller Text. Meine Kleine Tochter ist gerade 16 Monate. Ich stehe/sitze auch oft daneben und beobachte sie. Wahnsinn was in dem Alter schon möglich ist, da staunt man.

    Sie brüllt allerdings auch ziemlich laut wenn sie ihren Willen nicht bekommt, wenn sie was alleine machen will, wenn ich sie in den Sitz setzen will oder einfach nur weil sie Aufmerksamkeit bekommen möchte. Das ist ein schrilles lautes Brüllen. Bitte erzähl mir wie du damit umgehst! Zu Hause ist es noch okay, wenn es Überhand nimmt dann versuche ich es zu ignorieren. Aber in der Krabbelgruppe, bei Bekannten, beim Einkaufen komme ich schnell ins Schwitzen weil von mir eine Reaktion erwartet wird und ich bin ratlos und weiß nicht welche…:-/

  9. Stineprinz

    Liebe Jette,

    Das. Hast. Du. So. Schön. Geschrieben!!
    Ich stehe auch oft einfach nur da und beobachte meine kleine große 7jährige Tochter. Ich bin erstaunt, welche Gedankengänge sich manchmal abspielen, wie sie in ihrer ganz eigenen Art Entscheidungen trifft und wie sie mit den alltäglichen Situationen umgeht. Schon so selbständig und doch auch froh, wenn Mama und Papa da sind. Im Moment finde ich sie gerade umwerfend süß mit ihren spontanen Zitaten. Am Montag habe ich zum Beispiel für sie eigentlich nur die Nudeln vom Vortag mit Butter und Schinken angebraten, Ihr Kommentar: „Mama, Du bist eine begabte Köchin!“
    Mhhmm…warum gebe ich mir eigentlich sonst so viel Mühe?
    Und jede Mama kennt diese Wutausbrüche, bei denen man sich fragt: „Wer bist Du und wo hast Du mein Kind gelassen?“ Wenn danach die leise Frage kommt: „Mama, kannst Du mir helfen, mich zu beruhigen?“ Dann geht mir das Herz auf und ich helfe ihr gerne, sich wieder selbst zu finden.

    Liebe Jette, ich mag Deine Art zu schreiben unglaublich gern und freue mich über jeden neuen Post.

    Sei ganz herzlich gegrüßt von Stine

  10. Super geschrieben! Ich liebe es auch total einfach nur mal zu beobachten. Meine Tochter ist 23 Monate alt und hat noch keine Geschwister. Sie mag es gerne wenn ich beim Spielen neben ihr sitze oder aber sie in meiner Nähe spielen kann wenn ich zum Beispiel koche. Aber ich muss nicht unbedingt MIT ihr spielen, sondern einfach nur da sein und dann schaue ich ihr zu, wie sie mehr und mehr Duplosteine stapeln kann, wie süß sie ihre Puppe füttert oder ins Bett bringt, wie sie sich drei Hosen übereinander anziehen möchte, weil das Anziehen so viel Spaß macht, etc. Ich sitze einfach staunend da und schmunzel weil es einfach so süß ist. Ich freue mich schon darauf wenn sie einmal mit ihrer Schwester oder ihrem Bruder spielen wird, wie sie tuscheln, diskutieren, sich einigen und zusammen Pläne schmieden. Und manchmal brauchen Kinder dann ja nur zu wissen dass wir da sind wenn sie uns brauchen. So viel Liebe.

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