Ich könnte eigentlich zu dem Thema einen Satz schreiben: Es ist einfach scheiße. Aber naja. Hilft ja auch nicht weiter. Wenn ein geliebter Mensch in der Familie stirbt, ist das für Alle eine furchtbare Situation. Man selbst trauert, spürt den Verlust fast körperlich und muss versuchen zu realisieren, was gerade passiert ist. Hinzu kommen organisatorische Dinge und Fragen, die beantwortet werden wollen, um die man sich früher nie gekümmert hat. Warum auch.

Mit Kindern zu trauern ist anstrengend und erleichternd zugleich. Es ist anstrengend, weil sie einem keine Zeit für eigene Trauer lassen. Weil man für sie da ist und ihre Trauer auffängt. Weil man überhaupt keine Ahnung hat, wie sie trauern werden und so eine Nachricht aufnehmen. Und dann weinen sie vielleicht gar nicht. Sind ganz gefasst und wissen, der Mensch ist nun bei den Sternen und genau so ist es für sie beruhigend und okay. Und man selbst möchte nur weinen und ist so traurig. Und das Kind versteht es nicht. Oder fragt, warum man denn nun immer noch traurig sei und wann der Mensch eigentlich wieder käme. Er könne ja nicht ewig tot sein. Und dann geht das Leben auch schon weiter für sie. Und man beobachtet ihre Stimmungen, bemerkt, dass sie viel öfter kuscheln wollen als vorher, dass sie viele Fragen stellen, die man kaum beantworten kann. Und man ist für sie da, hält sie lange im Arm und kann selbst nicht trauern. Bis nur noch ein großer schwerer Klumpen im Bauch ist. Aber das Leben geht einfach weiter.

Und dann ist da die Frage, ob kleine Kinder mit auf eine Beerdigung gehen sollten und ganz ehrlich, wir wussten es bis zur letzten Minute nicht recht. Einerseits ist man für geliebte Menschen nicht nur in guten Zeiten da, sondern gibt ihnen Kraft auch an schlechten Tagen und begleitet sie auf ihre letzte Reise. Es gehört leider zum Leben dazu. Andererseits möchte ich nicht, dass diese traurigen Stunden einer Trauerfeier länger in ihren Köpfen bleiben, als all die schönen Momente mit diesem Menschen. Und so nahmen wir sie mit und versprachen ihnen, dass wir jederzeit gehen können, wenn sie nicht mehr wollen.

Und während so viel Trauer in der Luft liegt und so viele Tränen kullern, sitzen die Kinder in der Spielecke der Kapelle, malen ein Bild für den geliebten Menschen und tanzen bei den gesungenen Liedern. Und für kurze Momente müssen wir lachen und das tut so gut. Das bunte Bild liegt nun bei dem geliebten Menschen und für die Kinder war es in Ordnung. Sie waren gar nicht traurig. Es war alles viel zu aufregend und die Große meinte, dass sie diesem Menschen nun noch mal nah ist und weiß, wo er ist. Dass sie „Schüssi“ sagen konnte. Ich denke, das ist wichtig. Und das Leben geht einfach weiter. Denn während im Restaurant eine Rede gehalten wird und die Tränen wieder fließen, winken die Kinder einer Braut zu und sammeln Blumen auf der Wiese. Und nach und nach weicht die Trauer und es folgen viele Sätze wie „Weißt du noch…?“ „Das hat der geliebte Mensch auch immer gesagt!“ Und wir erinnern uns und wir lachen sogar. Denn das gehört dazu. Und die Kinder sind unbeschwert und geben uns Kraft. Wir drücken sie und erklären ihnen was passiert. Sie wischen meine Tränen weg und flüstern mir zu, dass es ok ist. Und dann laufen sie in den Garten und keiner wird sie so gut anschaukeln können wie dieser Mensch der so fehlt. Aber wir alle versuchen unser Bestes.

Der Tag geht zu Ende und ich flüstere ihnen beim Gute Nacht sagen zu, dass es okay ist, später noch mal traurig zu sein. Dass das Vermissen wohl noch eine Weile dauern wird und dass Andere noch oft weinen werden, aber auch mit Freude an die vergangene Zeit zurück denken. Dass all das dazu gehört zu unserem Leben und dass der Himmel nun einen lieben Menschen dazu gewonnen hat der auf uns achtet. Und so schlafen sie friedlich ein und freuen sich auf einen neuen Tag mit Sonne. Und während es um uns herum gewittert und die Wolken immer dunkler werden, ist es über unserem Haus hell und warm. Und so geht das Leben weiter. Mit Kindern muss es das auch, denn für sie ist der Tod nicht verständlich. Also spielen und lachen sie und schauen ab und zu in den Himmel. Trauern mit Kindern ist manchmal viel schwerer, manchmal aber ganz wunderbar leicht und hilfreich. Und der Rest findet sich schon.

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Autor

Seit 2011 bin ich in die Welt der Mütter aufgenommen. Mittlerweile habe ich 3 Töchter und einen Sohn. Hier schreibt keine "typische" Mutter, die Haushalt und Familie mit links schmeißt, Modelmaße hat und nebenbei locker eine Karriere wuppt. Ich finde es okay, auch mal zu sagen "Ich bin müde! Der Mann nervt! Wir streiten öfter! Nein, ich backe, bastel und singe nicht 24 Stunden am Tag! Ja, ich mag Fast Food und ein Schnäpschen zwischendurch!" Aber auch die schönen Dinge kommen nicht zu kurz. Süße Sachen die ich im Netz finde, hilfreiche Tipps, anderes Lesenswerte und ganz viel ♥

8 Comments

  1. Kleinstadtlöwenmama

    Liebe Jette,
    erst einmal mein herzliches Beileid für Euch!

    Deinen Artikel finde ich sehr berührend und gleichzeitig spricht er so viele Sachen an und aus, die ich zwar eigentlich schon wusste – aber es tut sehr gut, dass alles so zu lesen!

    Meine Oma ist letztes Jahr verstorben und ich habe dann für die Kinder und mich das wunderschöne Bilderbuch „Der Baum der Erinnerung“ besorgt – ich muss zwar immer weinen beim Vorlesen, aber es trifft es genau: Der Fuchs stirbt und die Waldtiere versammeln sich und teilen ihre schönsten Erinnerungen – und nach und nach entsteht ein wunderschöner Baum.

    LIebe Grüße,
    Bettina

  2. Meine Tochter hat es mal auf den Punkt gebracht: „Ich darf doch traurig sein!“ Trauer darf man auch einfach gemeinsam ausleben. Tränen zurückhalten, Kinder angeblich schützen indem man sie z.B. vom Krankenhausbesuch oder der Beerdigung ausschließt – das ist meiner Meinung nach der falsche Weg, wenn es um geliebte Menschen geht. Wir verdrängen den Tod schon viel zu sehr in unserer Gemeinschaft. Vielleicht trifft er uns deshalb härter als frühere Generationen.

  3. Vielen Dank für deinen Artikel.
    Du hast es sehr schön geschrieben und ich hab uns darin sehr gut wiedererkannt.

    Wir mussten uns vor kurzem von dem Papa meiner Tochter verabschieden. Es ist für mich als Mutter eine Zerreißprobe . Wir waren schon lange kein Paar mehr und doch trauert man. Zum einen wegen der längst vergangenen Zeiten, aber noch viel mehr aus Mitgefühl für die Tochter. Sie weiß der Papa kommt nicht wieder, aber noch versteht sie nicht, was das wirklich bedeutet. Er wird nie wieder mit ihr Trampolin springen, mit ihr zum Fußball gehen, mit ihr tanzen, lachen, sie auf den Abschlussball begleiten oder gar auf ihrer Hochzeit dabei sein. Ich bin heute traurig über diese verpassten Gelegenheiten, sie wird dann später evtl. erst traurig sein.

    Es ist traurig, wenn sie ihn vermisst, aber es ist wundervoll wie sie mit der Situation umgeht. Wie sie in ihren Alltag zurückgegangen ist und der Trauer zwar Zeit und Raum gibt, aber sie nicht maßgeblich ihr Leben bestimmt.

    Sie bekommt von den ganzen Formalien zum Glück nicht viel mit… gut manchmal sitze ich auch über dem ganzen Papierkram und heule, weil es zu viel ist. Dann tröstet sie mich und sagt „Mama ich hab dich lieb, wir haben uns und wir bleiben immer zusmmmen“. Was will ich mehr. Meine Tochter hat einen schrecklichen Verlust erlitten und doch ist sie voller Liebe – mein wundervolles kleines Wesen ❤️ ????‍????❤️

  4. Mein herzliches Beileid!!!
    Liebe Jette, dein Bericht spricht mir aus der Seele. Wir haben vor gut 2 Monaten unseren „Papi“ verloren. Unsere 3 Kinder gehen mit der Situation sehr gut um – was mich manchmal fast zerreisst. Wie du sagst, sie gehen einfach weiter und ich muss mitgehen, ob ich will oder nicht …
    Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit. Lieber Gruss

  5. amberlightlabel

    Zunächst natürlich mein Beileid – auch wir sind bewusst den Weg gegangen, beide Kinder zur Beerdigung der Oma mitzunehmen und würden es immer wieder so machen. Auch Kinder brauchen ein Abschiedsritual

  6. Von Herzen danke für diesen Text! Er spricht mir so aus der Seele. Wir haben dieses Jahr mit nur 10 Wochen Abstand meinen Papi und meine Omi gehen lassen müssen, zu denen meine Kinder (2 und 4) sehr enge Bindungen hatten und ich hab es genauso erlebt, wie du geschrieben hast. Danke! !

  7. Ich finde Deinen Bericht wunderschön und kann es nachvollziehen..Vermissen und trauern..ein schweres Thema..Wir ziehen unsere Enkeltochter auf und groß und haben auch eine Trauerzeit hinter uns, wenn auch eine andere, unsere Tochter ging einfach weg, wollte keine Mutter mehr sein..ließ das kleine Mädchen alleine–was ihre Mutter so lieb hatte und so um ihre Liebe kämpfte..aber sie ging..Es ist jetzt fast ein Jahr her..und Belly trauert noch ein bischen und stellt viel Fragen…mit sechs Jahren stellt man Fragen…Auch bei uns liefen viele Tränen..ich weine oft heimlich…wir haben so so viel geredet..und machen das noch…Ich nenne mich absichtlich nur noch Großmutter, denn sie soll auch eine Mutter haben….Delly ist ein munteres verrücktes kleines Mädchen geworden, wir denken, das ,, Schlimmste “ hat sie verarbeitet..wir hoffen es…aber ich weiß genau..sie wird sich immer fragen warum…und sie vermissen…denn sie sagt uns heute schon, sie wird sie nie vergessen…Ich sage immer zu meinem Mann..der Verlust ihrer Mama..war für Belly ein bisschen wie sterben….oder ganz doll wie sterben….denn sie hat ihre Mama verlohren–Deine Worte die du hier schreibst gefallen mir sehr..auch deine Gedanken kann ich sehr gut nach vollziehen…Vielen Dank dafür…

  8. Piccola Loona

    Puhhhh…. liebe Jette, da katapultierst du mich mal eben kanpp 5 Jahre zurück, als ich den Tod meiner Oma verarbeiten musste, gerade frisch gebackene Mama und so gar nicht gefasst auf diese Situation.
    Meine Tochter war GSD noch zu klein, um an dieser Situation bewusst teilzunehmen.
    Aber später, als sie mich fragte, wer die Frau auf dem Bild sei, habe ich ihr das alles erzählt und meine kleine hyper empathische Maus fing an zu weinen, weil sie es sehr traurig fand, dass meine Oma nun gar nicht mehr da ist und sie gar nicht weiß, wie sie war.
    Seither redet sie immer mal wieder von dieser Oma ganz plötzlich in den ungewöhnlichsten Situationen.
    Dann erzählt sie wie selbstverständlich von ihr, als hätten sie sich Jahre gekannt und sie erzählt mir dann, dass die Oma jetzt im Himmel ist und zuguckt, wenn sie spielt.
    Jedes Mal verdrücke ich eine Träne und jedes Mal lächle ich gleichzeitig, weil meine kleine Maus mich an eine der liebsten Menschen erinnert, Momente zurückholt und mich meine Oma so ganz sicher nie vergessen lässt.
    Ja das Leben geht weiter und es hält so so viel für uns bereit und ich denke, dass diese kleinen, ganz egal ob freudigen oder traurigen, Momente uns einfach immer wieder zusammenführen, uns stärken und uns lehren, was LIEBE heißt.

    Ich wünsche euch alles Liebe und bald wieder ganz viele schöne, umbekümmerte Momente <3
    Liebe Grüße
    Aileen

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